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Das Stadtgespräch September 2018

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30 Das

30 Das Stadtgespräch anzeige Der aktuelle Bestattungswagen, sowie das Dekorationsfahrzeug für individuelle Gestaltungswünsche ten. Schon als kleiner Junge habe ich im Kindergarten lieber Skizzen von Tischen, Stühlen und Schränken angefertigt, als Bilder mit Blumen und einer Sonne zu malen. Mein Vater hat mit mir zusammen erst kleine Vogelhäuschen getischlert und später spektakuläre Baumhäuser gebaut. Die habe ich dann immer noch mit Leisten und kleinen Holzklötzchen verziert. Ich mag den Werkstoff Holz sehr gerne und es war mir schon immer klar, dass ich in den Tischlereibetrieb einsteigen möchte. Auch mit der Arbeit im Bestattungsunternehmen bin ich aufgewachsen. Berührungsängste sind mir fremd. Ganz im Gegenteil, ich denke, dass es eine besonders vertrauensvolle Ehre ist, einen Menschen auf seinem letzten Weg zu unterstützen und ihn achtsam vorzubereiten. Es ehrt mich ebenfalls immer wieder aufs Neue, das Vertrauen der Angehörigen zu spüren. Es ist sehr emotional, sich von einem geliebten Menschen das letzte Mal zu verabschieden. In diesem Abschiedsprozess möchten wir den Angehörigen eine Stütze sein und als zuverlässiger Partner bei allen Dienstleistungen sowohl auf der amtlich-formalen, als auch auf der Gefühlsebene zur Seite stehen. Ich schätze mich sehr glücklich, dass meine Frau Anja die einfühlsamen Gespräche mit den Verbliebenen führt und die Formalitäten übernimmt. Es ist gar nicht so selbstverständlich, eine Partnerin zu finden, die bereit ist, in einem Bestattungsunternehmen die führende Rolle zu übernehmen. Sie ist mein 6er im Lotto! Anja de Temple (lächelt): Und wissen Sie, wie ich in den Betrieb eingestiegen bin? Ich habe mich 2010 einfach in Christians Leben geklickt. Geboren und aufgewachsen bin ich in Hannover. Am Tag nach meinem Abschluss zur Industriekauffrau zog ich zu Christian nach Rheda-Wiedenbrück und habe im schwiegerelterlichen Bestattungsunternehmen angefangen zu arbeiten. Meine Schwiegermutter hat mich dabei mit sehr ehrlicher Art eingearbeitet und war mir ein großes Vorbild im Kontakt mit der Trauer. Meine ehemaligen und liebgewonnen Nachbarn in Niedersachsen hatten ebenfalls ein Beerdigungsinstitut. Somit war mir der Umgang des Abschiednehmens bereits etwas vertraut. Das Stadtgespräch: Haben Sie Respekt vor dem lebenslangen Bund mit dem Familienunternehmen? Christian de Temple: Es ist das Lebenswerk meiner Großeltern und meiner Eltern und auch meine Frau und ich haben Freude daran, dieses Lebenswerk fortzuführen. Das Stadtgespräch: Welche Vorteile bringt eine generationenübergreifende Zusammenarbeit? … und welche Herausforderungen? Christian de Temple: In erster Linie kann man immer wieder auf die langjährigen Erfahrungswerte der Eltern zurückgreifen und sich sicher sein, eine ehrliche und konstruktive Antwort zu erhalten. Meine Eltern konnten bei der Firmenübergabe gut loslassen und haben mir von Anfang an freie Hand gelassen – ohne mich dabei zu kontrollieren. Dieses absolute Vertrauen hat mir Sicherheit gegeben. Hinzu kommt, dass unsere Arbeit mit der Trauer der Angehörigen keine Bürozeiten und auch keinen Feierabend kennt. An dieser Stelle gebe ich gerne zu, dass uns der ein oder andere Gedanke an einen Trauerfall auch persönlich tief berührt. Da ist es sehr hilfreich, sich innerhalb der Familie verstanden zu fühlen und um Hilfe zu bitten, die man anderen nicht zumuten möchte. Sicherlich liegt die Herausforderung in der Zusammenarbeit mit den Kindern (dabei lacht er) … unsere Jungs können sehr gut den Hammer der Tischlerei für ihre Baustellen im Garten gebrauchen – das kenne ich noch von früher (und wirft seinem Vater einen verschwörerischen Blick zu). Glücklicherweise wissen wir immer sofort, wo wir zu suchen haben, denn einen Pumuckl gibt es in unserem Betrieb nicht. Anja de Temple: Ich finde es auch sehr hilfreich und schön, dass sich meine Schwiegermutter immer noch aktiv in den Betrieb einbringt und Standesamtfahrten übernimmt. Ingrid de Temple: Ach und ich bin froh, die Verantwortung abgeben zu können und trotzdem Teil des Betriebs zu sein. Ich freue mich, wenn ich über den Markt laufe und auf die gute Arbeit meiner Schwiegertochter und Der Bestattungswagen aus den 70er Jahren

31 anzeige Der Besprechungsraum strahlt sanfte Ruhe und wohltuende Wärme aus meines Sohnes angesprochen werde. Das macht mich schon stolz. Das Stadtgespräch: Welche Teile des Erfahrungsschatzes übernehmen Sie und welche neuen Ideen bringen Sie ein? Anja de Temple: Die grundlegende Einstellung, den Kunden in den Vordergrund zu stellen und tiefe persönliche Gespräche zu führen bleibt selbstverständlich gleich. Meine Schwiegereltern haben ein umfangreiches Servicepaket für die Hinterbliebenen aufgebaut und dieses möchten wir kontinuierlich erweitern. Die Ansprüche für eine ganz individuelle Trauerfeier werden immer umfangreicher und diese Wünsche möchten wir erfüllen. Gerne dekorieren wir die Friedhofskapelle in den Lieblingsfarben und mit den Lieblingsblumen des Verstorbenen, in Absprache mit dem Pastor können wir auch fast jeden Musikwunsch erfüllen. Ein sehr aktuelles Thema sind Bestattungen auf einem Friedwald oder auf See – dank guter Kontakte können wir hier einfühlsam vermitteln und helfen. Häufig möchten die Angehörigen eine ganz persönliche Erinnerung in den Händen halten. Dazu lassen wir gerne einen Ring mit dem Fingerabdruck des Verstorbenen anfertigen. Das Stadtgespräch: Wie kann man Sie beeindrucken? Christian de Temple (antwortet prompt): mit einem Stück Marmorkuchen! Anja de Temple: Es beeindruckt mich sehr, wenn man Emotionen ehrlich und natürlich zeigen kann. Christian de Temple: Ich finde es toll, wenn man nicht verlernt hat, die kleinen, aber eigentlich wichtigen Dinge zu erkennen. Das Stadtgespräch: Und wie beeindrucken Sie Ihr privates wie berufliches Umfeld? Christian de Temple: Ich versuche, stets Anteil zu nehmen und mit Respekt auf jeden Menschen zuzugehen. Unseren insgesamt 11 Mitarbeitern möchten wir ein freundschaftliches und vertrauensvolles Arbeitsklima bieten. Wir suchen immer nach einer Möglichkeit, den letzten Wunsch eines Verstorbenen zu erfüllen. Dabei vermitteln wir sehr feinfühlig zwischen Kirche und den Angehörigen. Wir sind ein Familienunternehmen. Da ist es selbstverständlich, dass die Jungs von klein auf einbezogen werden und auch mal einen Blick in die Werkstatt werfen und sich ausprobieren dürfen. Vielleicht sind sie genauso fasziniert von dem Werkstoff Holz wie mein Vater und ich es schon als kleine Kinder waren. So lässt sich das Privatleben ganz gut mit dem beruflichen Alltag unter einen Hut bringen. Anja beeindruckt mich immer wieder, mit welchem Einsatz sie den Betrieb von Anfang an unterstützt und mit welcher fantasievollen Hingabe sie sich gleichzeitig um unsere Jungs kümmert. Anja de Temple: Und Christian, du beeindruckst mich täglich mit deinem Humor und deiner einfühlsamen Art, Ruhe in die Hektik einkehren zu lassen. Das Stadtgespräch: Eine Generation entspricht 25 Jahren, wo stehen… Sie in 25 Jahren? Und Ihr Betrieb? (In diesem Moment kommen die beiden Jungs Cederic und Fabrice fröhlich jubelnd ins Haus gestürmt. Der Große hält stolz ein selbst gezimmertes Holztor in der Hand, während der Kleine glücklich ein Bild mit Haus und Sonne überreicht.) Christian de Temple: Wir nehmen jede persönliche und berufliche Herausforderung an und stellen uns ihr, so gut es uns möglich ist. Wir geben unser Bestes, damit der Betrieb weiterlaufen kann. Vielleicht möchte ja eines Tages einer unserer Söhne den Betrieb übernehmen. Doch diese Entscheidung sollten die Jungs selber und ohne Druck treffen.

Das Stadtgespräch - Magazin für Rheda - Wiedenbrück

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