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Das Stadtgespräch März 2017

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34 portraitserie

34 portraitserie Das Stadtgespräch Claudia Lütkestratkötter Von Angesicht zu Angesicht Eine Portrait-Serie mit Menschen in Rheda und Wiedenbrück Von Andreas Kirschner Claudia Lütkestratkötter Geboren: 1969 Beruf: Schuhmacherin Foto: am 4.2.2017 in ihrer Werkstatt Andreas Kirschner: Arbeiten Sie noch mit Schuster’s Leisten? Claudia Lütkestratkötter: Nicht direkt. Die werden für die Normalreparatur nicht mehr benötigt. Die Leisten braucht man zum Schuhe Fotos: Andreas Kirschner herstellen. Ich habe früher Maßschuhe angeboten, aber das kann ich wegen meiner kaputten Schulter nicht mehr. Ich müsste danach einige Wochen mein normales Reparaturgeschäft vernachlässigen. Andreas Kirschner: Was sagen Sie zur Qualität der heutigen Schuhe? Claudia Lütkestratkötter: Die ist sehr unterschiedlich. In den 80er Jahren war die Qualität sehr gut, auch das Preis-Leistungsverhältnis. Heute müssen die Schuhe günstig sein und entsprechend sind die Materialien. Fertig gepresste Kunststoffsohlen bleiben nicht gut in Form und daher sind sie schwieriger zu reparieren. Ein Schuh mit Lederabsatz dagegen hat Form und Halt und ist besser. Um Qualität abzuliefern helfen mir fast 30 Jahre Erfahrung und das richtige Werkzeug. Ich habe noch eine Rahmen-Nähmaschine, die ist Gold wert, weil so etwas heute kaum noch jemand hat. Oder die Durch-Nähmaschine, die ich damals vom Kollegen Dreisvogt gekauft habe, die ist mein ganzer Stolz, weil ich damit den Qualitätsstandard eines hochwertigen Herrenschuhs erhalten kann. Rahmen- oder zwiegenäht, das kann ich alles bei der Reparatur erfüllen. Das ist das, was mir am meisten Spaß macht: hochwertige Herrenschuhe reparieren. Das ist für mich die Erfüllung schlechthin. Andreas Kirschner: Wo sind Sie am liebsten? Claudia Lütkestratkötter: Zuhause in meiner Werkstatt. Und danach auf meinem Sofa. Das sind meine Lieblingsorte. Andreas Kirschner: Hätten Sie lieber mehr Zeit oder mehr Geld? Claudia Lütkestratkötter: Mehr Geld, ganz ehrlich. Zeit habe ich genug und die ist gut ausgefüllt mit meinem Hobby bzw. meinem Beruf. Seit ich zuhause arbeite, kann ich abends länger machen. Ich könnte sogar Sonntags in die Werkstatt gehen. Das Schuhmacherhandwerk ist für mich eine Berufung geworden. Besonders weil ich helfen kann. Ältere Menschen, die deformierte Füße haben, brauchen einfach ihre Schuhe. Wenn ich da helfen kann, fühle ich mich wohl, fast wie ein Arzt, der jemanden heilen kann. Andreas Kirschner: Was tragen Sie in den Hosentaschen? Claudia Lütkestratkötter: Taschentücher und einen Lippenpflegestift, sonst nichts (lacht). Kein Hausschlüssel, kein Geld, denn ich bin ja immer hier. Mein Mann ist Hausmann, der erledigt alles. Andreas Kirschner: Wann entlockt die Stadt Rheda-Wiedenbrück Ihnen Glücksmomente? Claudia Lütkestratkötter: Weihnachten, wenn die Häuser erleuchtet sind, das finde ich persönlich am schönsten. Ich wohne gerne hier. Die Stadt ist passend groß, man trifft auch mal fremde Menschen und nicht immer die gleichen. Ein kleines Dorf wäre nichts für mich. Ich finde es hier bei uns gemütlich und das kommt mir als harmoniesüchtigem Menschen entgegen. Auch meine Kundschaft ist immer ein Traum gewesen. Ich biete schon mal einem Kunden einfach so einen Kaffee an. Eine familiäre nette Stimmung macht mir Freude. Harmonie – wenn Menschen lachend aus dem Laden gehen, das erfüllt mich. Mehr brauche ich nicht. Andreas Kirschner: Was ist Heimat für Sie? Claudia Lütkestratkötter: Mein Haus. Das hat mein Papa mir überschrieben und auch er hat es von seinem Vater geerbt. Mein Vater hat viel hier gebaut. Seit meinem vierten Lebensjahr habe ich das mitbekommen und heute hänge ich genauso daran wie er es getan hat. Das ist für mich meine Heimat, mein Castle sozusagen. Dieses Haus ist nach meiner Familie für mich das bedeutendste in meinem Leben. Wenn ich das Haus mitnehmen könnte an einen anderen Ort, dann wäre auch da wieder meine Heimat. Das Haus ist mein Lebensmittelpunkt, meine Familie ist mein Halt und zusammen mit der Stadt passt alles sehr gut. Andreas Kirschner: Gibt es eine stille Leidenschaft? Claudia Lütkestratkötter: Puzzle! Ich puzzle sehr gerne, stundenlang, manchmal auch nächtelang. Das entspannt mich. Da kann ich runterfahren und aufhören zu denken. Andreas Kirschner: Wo ist das Paradies? Claudia Lütkestratkötter: Hier; hier mit meiner Familie, das ist mein Paradies.

TIPPS 35 THOMAS KAUSCH »Wie ich meine Tochter durchs Abitur brachte« Eigentlich muss man den Vater Thomas Kausch hassen. Wobei »man« alle bedeutet: die Kinder, die Frau, die anderen Eltern, die Lehrer und alle Schulleitungen, mit denen er je in Kontakt getreten ist, und das sind diverse. Kausch macht alles verkehrt, was man so verkehrt machen kann, wenn es um die Bildung der Kinder geht. Helikopter-Vater wäre ein viel zu mildes Urteil für ihn, denn der in Krisengebieten gestählte Reporter fasst die Zukunft seiner kleinen Tochter als Kriegsschauplatz auf und fährt entsprechend sämtliches Gerät auf, was ihm zur Verfügung steht. Vom Machtstreben auf Elternabenden ab der Grundschule bis zum Reinquatschen in die Abi-Themen seiner fast erwachsenen Tochter ist alles dabei. Denn für ihn muss offenbar der Karriereweg des Nachwuchses spätestens ab der zweiten Klasse fest stehen, besser früher! Wie gesagt, eigentlich müsste man ihn hassen, mit so einem kommt man – ganz gleich in welcher Rolle – nicht klar. Wenn da nicht die Selbstironie wäre, die den Bericht »Wie ich meine Tochter durchs Abitur brachte«, gerade als Buch bei Knaur erschienen (201 Seiten, 9,99 Euro) als roter Faden durchzieht. Der Vater Kausch hat tatsächlich jahrelang fürs ZDF aus Krisengebieten vom Balkan bis nach Asien und Afrika recherchiert und berichtet, ist später zu den SAT-Nachrichten gewechselt und arbeitet heute für den NDR und Arte. Sein Gesicht kennt man als Fernsehzuschauer, nicht aber sein Alter Ego als Harrison Ford in »Indiana Jones«, denn so sieht er sich gelegentlich in heroisch-ironischer Selbstüberschätzung. Ich vermute, dass die Selbstbeobachtung schon bei all seinen Aktionen eingesetzt hat, über die er so humorvoll im Nachhinein berichtet. Aber er will halt das Allerbeste für seine einzige Tochter. Sein hemmungsloser Stolz auf sie, macht ihn sympathisch, wenn er etwa sagt: »Meine Tochter. Was für ein Haudegen! Die Tochter von Harrison Ford«. Und doch schimmert durch all die Selbstironie auch immer etwas Wahrheit durch, etwa die Enttäuschung, wenn sein übertriebenes Engagement nicht entsprechend gewürdigt wird, und das macht dieses Buch tatsächlich sehr lesenswert. ANTONIA HODGSON »Der Galgenvogel« Wer »Das Teufelsloch« von 2014 gelesen hat, der kann nur mit Ungeduld auf einen weiteren Roman von Antonia Hodgson gewartet haben. Die aus dem nordenglischen Derby stammende Autorin hat zu Recht eine Fan-Gemeinde um sich geschart, seit sie ihren ersten historischen Thriller vorgelegt hat. Zum Glück ist auch im neuen Buch (Hardcover, erschienen bei Knaur, 460 Seiten, 19,99 Euro) Tom Hawkins wieder der Held. Wobei Held vielleicht nicht so das richtige Wort ist. Auch »Der Galgenvogel« hat wieder alles, was ein echter historischer Thriller braucht. Die Kulisse: London anno 1728. Der schwefelgelb flackernde Schein rußiger Öllampen, Übelkeit erregender Gestank frisch geleerter Nachttöpfe im Rinnstein und in den schmalen Gassen das Zischen und Fau-

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