Lammert: Antisemitismus ist nicht tolerabel Die Schatten der Vergangenheit nheit zeigen ihr unanständiges Gesicht (Kem) »Es ist schrecklich hier. Es herrscht eine große Spannung unter den großen und vernünftigen Kindern. Es werden Transporte vorbereitet in ein neues Ghetto – ins Unbekannte. Der erste Transport besteht aus verurteilten Häftlingen des Ghettos«, schrieb die zwölfjährige Helga Pollak aus der tschechischen Kleinstadt Gaya in ihrem Tagebuch am 26. August 1943. Die Nazis hatten das jüdische Mädchen mit ihrem Vater Otto Pollak nach Theresienstadt deportiert. Und weiter: »Ich habe Durchfall: infektiös. Von 27 Mädchen in unserem Zimmer sind 16 krank und weitere 3 haben Durchfall«. Am 7. Januar 1944: »Ich hoffe, dass das mit der Lunge vorbeigeht. Hier hat nämlich jeder zweite einen Lungenfund. Das kommt von der Nahrung, aber ich glaube nur bei den Kindern«. Am 23. Oktober 1944 wurde sie nach Auschwitz deportiert, wo sich ihre Spuren verloren. Ebenfalls nach Theresienstadt deportiert wurde die Familie Goldschmidt aus Rheda, die 1936 in den Niederlanden Schutz und Sicherheit suchte. In dem später von Nazi-Deutschland besetzten Nachbarland wurde die Familie in das polizeiliche Judendurchgangslager Westerbrock und von dort 1942 nach Theresienstadt deportiert. Die meisten jüdischen Menschen, die nach Theresienstadt kamen, überlebten nicht. Gleich 11 der 62 Toten der Rhedaer Synagogengemeinde starben durch die schlechten Lebensbedingungen im Theresienstädter Ghetto. Auf der Gedenkveranstaltung auf dem Jüdischen Friedhof am 12. November berichtete die Israel-AG beim Einstein-Gymnasium, dass die Familie Heinz Günther und Gertrude Goldschmidt mit Sohn Moritz Louis überlebte und 1947 in die USA emigrierte. Die Israel-AG ging im Vorfeld der Recherchen vor dem Hintergrund der Stolpersteinverlegung für die dreiköpfige Familie zunächst davon aus, dass sie das Ghetto Theresienstadt 5 Rund 200 Menschen beteiligten sich an dem interreligiösen Friedensgebet. nicht überlebt hätte. Doch dann geschah ein kleines Wunder: Aufgrund der Berichterstattung meldete sich eine Leserin, die sich erinnerte, dass ihre Großmutter nach dem Krieg noch Kontakt mit der Familie Goldschmidt hatte. Die Recherchen des Ahnenforschers Andreas Beyer bestätigten die Aussage. Stellvertretend für die 62 Ermordeten erinnerten die Schülerinnen und Schüler an 11 nachweislich in Theresienstadt ums Leben gekommenen Personen namentlich und durch Niederlegen einer weißen Rose. Mit Blick nach Israel äußerten sie sich gemeinsam mit ihren Lehrern Claudia Barton und Thorsten Mönning tief betroffen angesichts des menschenverachtenden tödlichen Angriffs der Hamas auf Israels Bevölkerung: »Wir hoffen und bitten darum, dass die verschleppten israelischen Geiseln freikommen. Und wir bitten inständig darum, dass Israelis und Palästinenser in naher Zukunft einen Weg finden, um miteinander in Frieden leben zu können«. Gastredner Professor Dr. Norbert Lammert, Bundestagspräsident a.D. bezeichnete es als nicht für möglich gehaltene Tragödie, dass die Ereignisse vom 7. Oktober einen erschreckenden Anstieg des Antisemitismus, eine humanitäre Katastrophe in den palästinensischen Gebieten und eine Bedrohung des Existenzrechts Israels gezeigt hätten. Mit Blick auf den verdeckten und offenen Antisemitismus in Deutschland sah er den Unterschied zu den 30er und 40er Jahren darin, dass heute alle Verfassungsorgane hinter Israel und die jüdischen Mitbürger ständen, während die Verfolgung der jüdischen Mitbürger in der Nazi-Zeit zur Staatsräson gehörte. Die Zivilgesellschaft sei aber aufgerufen, die Augen offen zu halten. Jede Form von Antisemitismus sei menschlich unanständig und intolerabel. Nie wieder sei jetzt! Shalom! Der frühere Bundestagspräsident, die Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld, Irith Michelsohn und Bürgermeister Theo Mettenborg legten zum Gedenken an die Opfer der Pogromnacht vom 9. November 1938 im Rund der 200 Teilnehmenden einen Kranz nieder. Die Vorbeterin schloss nach einem von Jürgen Wüstefeld vorgetragenen jüdischen Lied in dem Kaddisch-Gebet ausdrücklich die 1200 Toten vom 7. Oktober, die mehr als sechs Millionen Shoa-Toten und die für die Existenz Israels kämpfenden Soldaten ein. Der Bürgermeister: Kein Mensch soll wegen seines Glaubens in unserem Land und in unserer Stadt Angst haben müssen. Deswegen haben wir uns hier versammelt. Ich danke Ihnen. Rheda-Wiedenbrück setzte Zeichen für den Frieden Die Evangelische Versöhnungskirchengemeinde, der Pastoralverbund Rheda-Herzebrock-Clarholz gemeinsam mit der Moscheegemeinde von der Egerstraße, den verschiedenen katholisch-orthodoxen Richtungen, dem Integrationsrat und der Israel-AG beim Einstein-Gymnasium sowie dem Bürgermeister hatten am Freitagnachmittag, dem 24. November, mit einem interreligiösen Friedensgebet vor dem Rathaus ein Zeichen für ein friedliches Miteinander und gegen die Spaltung der Stadtgesellschaft gesetzt. Gut 200 Menschen gaben dem Gebet einen würdevollen Rahmen. Bürgermeister Theo Mettenborg, dankte allen Menschen, die zum Rathaus gekommen waren, um gemeinsam für den Frieden in der Ukraine, Israel und Palästina sowie anderen Ländern zu beten. Antisemitismus in unserer Stadt und auch kein Hass gegen jedwede andere Religion würden geduldet, versicherte er. Pfarrerin Sarah Töws unterstrich: Was uns eint: »dass wir Menschen sind«. Sie ermutigte, weder die Hoffnung auf den Frieden in der Ukraine und in Israel und Palästina aufzugeben, noch in eigenen Bemühungen zum Einsatz für den Frieden nachzulassen. Pfarrer Thomas Hengstebeck beendete die halbstündige Veranstaltung mit dem Gebet der Vereinten Nationen: »…An uns liegt es, aus der Erde, dem kleinen Gestirn im großen Weltall, einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nicht von Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung«. Vorher sprachen die Teilnehmenden gemeinsam die Fürbitten für den Frieden, dabei sichtbar miteinander vereint durch die von ihnen als Friedenslichter erleuchteten Handys. 58 Das Stadtgespräch
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