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Das Stadtgespräch Ausgabe Dezember 2021 auf Mein Rheda-Wiedenbrück

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Das Stadtgespräch Ausgabe Dezember 2021 auf Mein Rheda-Wiedenbrück

Watt nich ale gibt J

Watt nich ale gibt J Julias falscher Balkon Normalerweise sprechen wir in der Kategorie »Watt nich alle gibt« über Erstaunliches, von dem man nicht gedacht hätte, dass es sowas tatsächlich gibt. Diesmal ist es anders herum, denn wir sprechen über etwas, von dem viele glauben, dass es das gibt. Allerdings liegen sie falsch. Die Rede ist vom Balkon der Julia, der Heldin der wohl berühmtesten Liebesgeschichte der Welt, die Shakespeare in »Romeo und Julia« unsterblich gemacht hat. Die Schlüsselszene des Stücks über zwei Verliebte aus verfeindeten Familien ist die so genannte Balkonszene, in der sich die beiden jungen Liebenden gegenseitig ihre Liebe gestehen. Romeo hat trotz der tödlichen Gefahr, die ihm durch Julias Familie droht, die Gartenmauer erklommen, um seine Angebetete zu sehen. Er spricht auch mit ihr, im Garten stehend, wobei Julia auf dem Balkon über ihm steht. Das Problem ist, dass es keinen Balkon gibt in der weltweit bekannten Balkonszene. Nicht in Wirklichkeit und nicht einmal in Shakespeares Text. Dort heißt es nur, dass Julia oben an einem Fenster erscheint. Das sehen Theaterregisseure, Filmemacher und die Tourismusbeauftragten von Verona allerdings seit langem anders. Schließlich finden sich nicht weniger als 1,2 Millionen Besucher jährlich in der Via Capello Nummer 23 ein, in der Hauptsaison sind das 10.000 pro Tag. Das Touristenamt weist auch heute darauf hin, dass kein Besucher von Verona das elterliche Wohnhaus der Julia Capulet auslassen sollte. Das Gebäude ist alt, 1 Julias Balkon 1 Liebesbotschaften an Julia stammt wohl tatsächlich aus dem 13. Jahrhundert und gehörte bis ins 19. Jahrhundert der Familie Capello. Allerdings waren die Capellos keine schwerreiche Familie. Im 19. Jahrhundert war das Haus, das als Lagerhaus genutzt wurde, verfallen. Die Stadt Verona kaufte das Gebäude, ließ es renovieren und machte 1905 ein Museum daraus. Damit hatten auch die vielen Bildungsreisenden auf der Spur des tragischen Liebespaars einen Originalschauplatz, zu dem sie pilgern konnten. Zu den Shakespeare-Pilgern zählten damals auch längst deutsche Touristen, die die wunderschöne Nachdichtung des August Wilhelm von Schlegel aus dem Jahr 1844 in der Tasche führten. Auch darin ist übrigens nur von einem Fenster die Rede. Der Begriff Balkon hätte das englische Publikum von 1599, dem Datum der Uraufführung des Stücks, übrigens gründlich verwirrt. Das Wort taucht zum ersten Mal erst zwanzig Jahre später im Englischen auf. Shakespeare, der England nie verlassen hat und sich für sein berühmtes Stück von einer italienischen Novelle inspirieren ließ, hätte mit einem Balkon nichts anfangen können. Die ersten Balkone im heutigen Sinn entstanden im Inselreich erst mehr als hundert Jahre später. Zuvor waren Balkone höchstens als hölzerne Vorbauten für Burgen zu Verteidigungszwecken bekannt. Das italienische Wort balcone bezeichnet dann auch lediglich ein Gerüst. Immerhin gibt es heute den Begriff Juliet-balcony, der zwar an Julia erinnert, aber lediglich den so genannten französischen Balkon meint, gerade nicht den Balkon, auf dem man stehen kann. Natürlich waren die Besucher, die all diese Hintergründe nicht kannten, enttäuscht, dass es in Verona keinen Balkon für die Balkonszene gab. Als Anfang der Dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts Renovierungsarbeiten anfielen, entschlossen sich die Stadtväter kurzerhand, diesen Mangel zu beheben. Sie ließen einen Balkon an das Haus bauen. Dieser Balkon war zwar eigentlich ein antiker Sarkophag, aber um solche Details hat man sich nicht gekümmert. Seit 1937 gibt es diesen Balkon also, den man unbedingt gesehen und natürlich fotografiert haben muss. In diesem Jahr hatten die Besucher allerdings etwas Pech, denn der Balkon musste erneut renoviert werden und verschwand hinter einer Plane. Immerhin konnte der Tourist noch der Julia-Statue im Hof an den Busen fassen, weil das Glück in der Liebe bringen soll. Das etwas abgewetzte und stellenweise blank polierte Original wurde mittlerweile durch eine Kopie ersetzt. Selbstverständlich muss auch noch eine Liebesbotschaft an der Wand für die Idole der verbotenen Liebe hinterlassen werden, obwohl das seit 2019 mit 3.000 Euro unter Strafe steht. Aber wie sagt Romeo so richtig: Kein steinern Bollwerk kann der Liebe wehren! Wie soll es da ein Bußgeldkatalog schaffen. 34 Das Stadtgespräch

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