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Das Stadtgespräch August 2019

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Die aktuelle Ausgabe des Rheda-Wiedenbrücker Stadtgesprächs für August 2019

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46 Das Stadtgespräch Sieht etwas improvisiert aus. Bob Marleys Erben sind überall. Noch einer der kleineren Wasserfälle Nicht überall Traumstrand, aber überall easy living Yah mon! Und was ist mit der berühmten Lockerheit? Da hilft der Taxifahrer weiter, denn der ist ganz furchtbar locker. Der hält uns dann auch den Vortrag, den wir noch einige Male hören werden, darüber, wie schlecht doch Alkohol ist. Gut dagegen ist offenbar, dass er selbst richtig schön zugekifft ist und seine Fahrweise wie ist? Nennen wir es interessant. Schließlich ist bei dieser und bei den anderen Taxifahrten nichts passiert, denn die anderen Verkehrsteilnehmer rechnen offenbar stets mit verzögerten Reaktionszeiten. Und außerdem ist Taxifahren auch gar nicht so teuer, da gibt es offizielle Listen, was eine Fahrt von wo nach wo kostet. Komisch nur, dass dieselben Preise auch bei Fahrten im Sammeltaxi gelten, die dann gerne mal mit zwölf Leuten fahren und für jeden Gast einzeln abrechnen, nicht für die Fahrt. Bei Nachfragen aller Art erhält man bevorzugt die Antwort: yah mon (sprich: ja Mann), alles korrekt, so ist das auf Jamaika. Bei allem, was ein bisschen nach Abzocke schmeckt, kommt natürlich wenig Freude auf. Vielleicht lässt sich die Einstellung einiger Leute, die mit den Touristen arbeiten, von ihnen leben und sie gleichzeitig wenig mögen, durch einen Blick in die Geschichte nachvollziehen – obwohl benachbarte Karibikinseln ebenso Schlimmes erlebt haben und man dort freundlicher aufgenommen wird, schon am Flughafen. Jedenfalls ist die Geschichte Jamaikas nicht gerade durchsetzt von Ruhmestaten weißer Siedler. Über 90 Prozent der heute rund drei Millionen Einwohner stammen von afrikanischen Sklaven ab. Aus Südamerika kommend, siedelten die Taínos schon im siebten vorchristlichen Jahrhundert auf der Großen Antilleninsel. Rund zweitausend Jahre später stießen die Kariben hinzu, die ganz anders als auf anderen Karibikinseln, im heutigen Gebiet von Jamaika friedlich zusammenlebten. Damit war dann aber recht schnell wenige Generationen später Schluss, denn Kolumbus betrat die Insel auf seiner zweiten Reise als erster Europäer. Dessen Sohn Diego ließ Xaymaca, wie die Ureinwohner es nannten, 1509 einnehmen. Deren Kultur verschwand innerhalb von zehn Jahren. Rund einhundertfünfzig Jahre später gab es überhaupt keine Ureinwohner mehr. Und damit auch keine unentgeltlichen Arbeitskräfte, die dann ab 1517 aus Afrika als Sklaven herangeschafft wurden. Hundert Jahre später gab es schon mehr schwarze als weiße Einwohner. Aber so richtig engagieren wollten sich die Spanier trotz der Gewinne der Plantagen nicht, denn anders als in anderen Gebieten des amerikanischen Kontinents gab es auf Jamaika kein Gold. Außerdem sank der spanische Stern als Kolonialmacht stetig, nachdem sie 1588 gegen die neue Supermacht Großbritannien verloren hatte. Mitte des 17. Jahrhunderts wurde die Insel britisch. Weder die Piraten, mit denen die Gouverneure von Jamaika zum Teil gemeinsame Sache machten, noch die Spanier auf Kuba, noch die aufstrebende Macht Frankreich konnten die Briten vertreiben. 1807 wurde zwar die Sklaverei verboten, aber für die Arbeiter auf den Plantagen änderte sich nicht viel, denn sie mussten nach wie vor unter unmenschlichen Bedingungen schuften ohne Aussicht auf eigenes Land. Die Unabhängigkeit von Großbritannien konnte Jamaika erst 1962 erhalten. Es folgten bewegte Jahre, die unter anderem eine zweitweise Hinwendung zu Fidel Castros Kuba beinhaltete. Die Lebenssituation heute ist für viele Jamaikaner schlecht. Eine hohe Inflation, eine gewaltige Staatsverschuldung, geringe Exporte und damit verbunden ein Verlust von Arbeitsplätzen führen zur Armut. Die wiederum fördert die Kriminalität, die das größte Problem für Jamaika darstellt. Dass die Korruption weit ver-

47 breitet ist und bis in hohe Ämter reicht, macht die Situation keineswegs besser. Und so bekümmert es, verwundert aber nicht, dass das vielbesungene Montego Bay zu den gefährlichsten Städten der Welt zählt, mit einer Mordrate, die das Dreifache jeder nordamerikanischen Großstadt übertrifft. Vor allem die Bandenkriminalität blüht. Bei geschätzten 80 Tonnen Kokain pro Jahr klingt die Aussage, dass wer Marihuana raucht, die Finger auf jeden Fall vom Kokain lässt, dann doch recht hohl. Allerdings hat der Staat durchaus den Kampf aufgenommen. Das fängt bei der Reinigung der öffentlichen Parks an, die gerne auch für Partys genutzt werden, und hört zum Glück nicht bei der organisierten Kriminalität auf. Bob und Usain sind Kult Schmeckt leicht, aber Vorsicht... Angesichts der Missstände ist es dann auch nachvollziehbar, dass Bob Marley nach wie vor Kultstatus hat, obwohl er schon 1981 mit nur 36 Jahren starb. Dessen Texte und die dazu passende Reggae Musik sind heute vielleicht wichtiger denn je, drücken sie neben einem bestimmten Lebensgefühl doch auch Kritik an sozialer Ungerechtigkeit aus. Und auch das spirituelle Denken der Rastafari, die sich vor allem auf das Alte Testament stützen, findet sich in den Songs wieder. Und das nicht nur auf Jamaika, denn inzwischen identifizieren sich offenbar weltweit Menschen, die zwar an schönen Palmenstränden leben, ansonsten aber vom Leben nicht viel erwarten können, mit der Reggae- Musik und ihrer Botschaft. Doch auch einen gewissen Humor kann man der Musik nicht absprechen, denn bei Bob Marleys »No woman no cry«, also keine Frau und daher kein Ärger, muss ich immer schmunzeln. Der gute Mann hatte mit seiner Frau vier leibliche Kinder, dazu kommen allerdings noch sieben weitere leibliche Kinder, die Marley anerkannt hat. Konservativen Schätzungen zufolge gab es aber insgesamt 22 Kinder mit diversen Frauen. Andere Quellen sprechen von 46 Kindern. Da soll der Musiker wohl gestresst gewesen sein! Ledig und kinderlos dagegen ist ein Kultstar aus jüngeren Zeit, der von sich behauptet hat: »Ich bin jetzt eine Legende. Ich bin außerdem der großartigste lebende Athlet«. Die Rede ist von Usain Bolt, der jamaikanischen Sprintlegende, der achtmal Gold bei Olympia geholt hat und elfmal Weltmeister wurde. Sein 100-Meter Weltrekord von 9,58 Sekunden ist ebenso legendär wie seine Siegerpose als Bogenschütze oder Sterndeuter. Auch ist der Mann bei seinem Rücktritt der Leichtathlet mit den höchsten Werbeeinnahmen gewesen. Seine anschließende Karriere als Fußballer blieb allerdings in den Startblöcken stecken. Das hat seinem Ruhm auf der Insel keinen Abbruch getan. Was gibt’s zu sehen und zu tun? Bei all den kritischen Tönen darf man allerdings nicht vergessen, dass Jamaika wunderschön ist. Das liegt vor allem am Wasser. Und zwar nicht nur an dem, das die Insel umgibt. Obwohl die Strände und das stets warme Wasser, das maximal 29 und minimal 27 Grad hat, natürlich die Hauptsehenswürdigkeit sind. Das lockt in der kalten Jahreszeit vor allem US- Amerikaner und Kanadier, die in rund vier Stunden Flugzeit unter Palmen liegen können. Von uns aus sind es dann schon elf Stunden Flug. Im Gegensatz zu anderen Karibikinseln hat Jamaika jedoch auch Süßwasser. Es gibt mehrere Flüsse, von denen manche nicht einmal trocken fallen. Und es gibt sogar Wasserfälle, die man besichtigen und zum Teil sogar durchklettern kann. Dabei ist natürlich Vorsicht geboten, denn natürlich ist das eine Erfrischung der glitschigen Art. Klassische Sehenswürdigkeiten gibt es eher nicht, wenn man mal von ein paar Kolonialbauten absieht. Allerdings ist für Shopping- Wütige gesorgt, denn Geschäfte und Malls nach amerikanischen Vorbild – wenn auch nicht so riesig – haben alles, was das Touristenherz begehrt. Jamaika ist im Übrigen auch dafür bekannt, dass in den Touristenorten genügend junge knackige Männer bereit stehen für den Fall, dass die Herzen allein reisende Touristinnen gebrochen werden wollen. Darüber hat Terry McMillan schon vor 20 Jahren den wunderbar poetischen Roman »Männer sind die halbe Miete« geschrieben, der leider vergriffen ist. Doch auch für Kreuzfahrer bietet sich Jamaika an, denn die Insel ist mit ihrer Länge von 235 Kilometern und einer Breite zwischen 35 und 82 Kilometern nicht besonders groß. Und je nach Liegezeit kann man schon einiges zu sehen bekommen, vor allem wenn man über Nacht bleibt. Über das leibliche Wohl braucht man sich keine Gedanken zu machen, denn wer vom Baden oder Schnorcheln oder sonstigen Wassersportaktivitäten durstig ist oder Hunger hat, der ist auf Jamaika richtig. Und wer alles inklusive versorgt ist, sollte zumindest einmal das lokale Bier statt der Cola trinken, denn da es immer warm auf Jamaika ist – die tropischen Temperaturen schwanken zwischen nachts Anfang 20 Grad bis gut 30 Grad am Tag – schmeckt das kühle Getränk besonders gut – auch wenn der Rasta-Mann das nicht nachvollziehen kann. seit 1998 Telefon: 54822 Telefon: 964545 Holz-Fenster und Haustüren Holz-Alu-Fenster und Haustüren Rollladenarbeiten GmbH & Co. KG 100Jahre Insektenschutzlösungen Sicherheitstechnik Bautischler- und Verglasungsarbeiten Kupferstraße 22a 33378 Rheda-Wiedenbrück Tel. 0 52 42 / 3 69 77 • Fax 3 40 91 www.michels-fenster.de

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