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Das Stadtgespräch August 2016

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36 TIPPS

36 TIPPS Das Stadtgespräch HÖRBUCH: DAVID NICHOLLS »Drei auf Reisen« Liebe ist wie eine Reise durch Europa: nicht immer komfortabel, aber voller Überraschungen. Und manchmal versteht man einfach nur die Sprache nicht. So könnte die Erkenntnis aus David Nicholls neuem Roman lauten. Zum Inhalt von »Drei auf Reisen« (Hörbuchversion, 14,99 Euro): Eines Nachts verkündet Connie ihrem Ehemann Douglas, dass nun, nach über zwanzig Jahren glücklicher Ehe, der ideale Zeitpunkt für eine Trennung und einen Neuanfang gekommen sei – jetzt, wo auch ihr Sohn bald ausziehe. Doch der bereits geplanten gemeinsamen Grand Tour durch bedeutende Städte Europas – Paris, Amsterdam, München, Venedig, Florenz, Madrid, Barcelona – soll nichts im Wege stehen. Douglas erinnert sich unterwegs an verschiedene Phasen ihrer Beziehung und hofft, seine Frau auf dieser Reise zurückzugewinnen und zugleich die Beziehung zu seinem Sohn zu vertiefen. Ein ambitioniertes Unterfangen, das trotz akribischer Planung ganz unerwartete Wendungen nimmt. David Nicholls, geboren 1966, war Schauspieler, bevor er Drehbuchautor von britischen Erfolgsserien wie Cold Feet, I Saw You und Rescue Me wurde. Als Romanautor wurde er durch den internationalen Bestseller »Zwei an einem Tag« bekannt. Der Autor mit den ungewöhnlichen Romanideen lebt in London. Als Sprecher konnte der hörbuchverlag Ulrich Noethen gewinnen. 1959 in München geboren, begann seine Schauspielkarriere 1985 am Theater. Anfang der 90er Jahre wechselte er zum Fernsehen. Der große Durchbruch gelang ihm 1997 mit Joseph Vilsmaiers »Comedian Harmonists«. Seitdem war er in unzähligen Kinound TV-Produktionen zu sehen. Er wurde mit dem Grimme-Preis, dem Goldenen Löwen, der Goldenen Kamera, dem Bayerischen Filmpreis, dem Bundesfilmpreis, dem Preis der deutschen Filmkritik und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Wichtiger ist in diesem Fall jedoch, dass er auch allein durch seine Stimme die Zuhörer fesseln kann, und das mehr als 13 Stunden lang. JUGENDBUCH: ALEXANDRA PILZ »Für immer Holly Hill« Zwei Mal schon hat Emily mit dem englischen Dorf Holly Hill Abenteuer in anderen Zeiten erlebt. Doch jetzt ist sie schweren Herzens nach Hause zurückgekehrt, wild entschlossen, ihre große Liebe Matt zu vergessen und einfach ein ganz normales Leben zu führen. Ein Leben mit ihrer Oma und ihrer besten Freundin Fee. Aber wo steckt die eigentlich? Sie wird doch nicht …? Doch, Fee ist kurzerhand in den Flieger gestiegen und hat Holly Hill gefunden. Und noch während sich Fee in den umwerfend charmanten Cullum verguckt, reist der Ort in die wilden Zwanzigerjahre. Emily muss hinterher! Denn dort lauert große Gefahr: Matt ist dabei, eine riesige Dummheit zu begehen. Nicht nur sein Schicksal, sondern das von ganz Holly Hill steht auf dem Spiel. Kann Emily das Dorf und den Jungen retten, den sie über alles liebt? Der dritte Teil des Holly Hill- Abenteuers verspricht wieder alles, was nicht nur die Leser ab 14 Jahren begeistert. Das Buch ist definitiv ein All-Age-Roman, wie man heute auf Neudeutsch sagt. Alexandra Pilz hat am gleichen Tag Geburtstag wie Jane Austen, also am 16. Dezember, allerdings wohl nicht 1775. Die Journalistin liebt England, hat eine Schwäche für komplizierte Liebesgeschichten, lebt mit Mann und Katze in München und träumt von einem Cottage in Cornwall. Ihr Debütroman »Zurück nach Holly Hill« war ein großer, von Publikum und Presse gefeierter Erfolg, ebenso der Nachfolger »Verliebt in Holly Hill«. Als ausgebildete Journalistin (Volontariat bei der Süddeutschen Zeitung) hatte sie in ihrem Berufsleben schon immer mit Sprache zu tun. Sie sagt, als

TIPPS 37 selbst erklärter Fernsehjunkie (am liebsten US-Serien und BBC-Episodendramen) flimmerten andauernd Bilder durch ihren Kopf und weil sie darüber hinaus jede freie Minute mit einem Buch verbringt, musste es ja irgendwann so kommen: Eine eigene Geschichte bahnte sich ihren Weg in ihre Gedanken, eine Geschichte über ein magisches Dorf in England, über ein Mädchen namens Emily, einen Jungen namens Matt … ALTE LITERATUR NEU ENTDECKT: BUKOWSKI »Roter Mercedes« Die Bukowski-Gesellschaft (ja, die gibt es seit 1996) sagt über das eben im MaroVerlag erschienene »Roter Mercedes und andere Gedichte« (156 Seiten, 16,80 Euro): Ein erstklassiger Gedichtband des späten Bukowski. Andere halten Bukowski schlicht für einen Säufer und Hurenbock. Sicherlich war er das auch. Doch auch wenn ich den Spruch »Dummheit frisst, Genie säuft« nicht unterschreiben würde, gibt es dennoch in der Geschichte der Literatur einige geniale Säufer. Ich denke da an den nicht zufällig früh verstorbenen begnadeten Dichter Dylan Thomas, hinter dessen Lyrik sich Bob Dylan, der sich als Robert Alan Zimmerman den Namen des großen Walisers als Künstlernamen zugelegt hat, getrost verstecken kann. Die 1986 erschiene amerikanische Ausgabe von »You get so alone at times that it just makes sense« hat der Verlag schon im vergangenen Herbst unter dem Titel »Alle reden zu viel und andere Gedichte« herausgebracht. Zusammen mit dem jetzt erschienenen »Roter Mercedes und andere Gedichte« bilden sie die stärksten Gedichtbänden aus Bukowskis Spätwerk. Direkt und klar wie eh und je hämmert er seine Verse in die Welt. Dennoch fällt auf, dass ganz andere, neue Themen zur Sprache kommen: Bukowski befasst sich vermehrt mit seinen Ängsten, dem Vergehen der Zeit und dem amerikanischen Albtraum. Ein Werk von großer Einsicht und gleichzeitig erfreulicherweise frei von jeder bürgerlichen Altersmilde. Bukowskis große Errungenschaft war sicherlich nicht, in Bars herum zu hängen und zu saufen. Aber der Liebhaber klassischer Musik beherrschte die Kunst, die Wirklichkeit hochsensibel wahrzunehmen und tatsächlich mit wenigen Worten zu verdichten, im wahren Sinne des Wortes. Darin war er ein Meister, auch wenn sein persönliches Leben nicht unbedingt eine Erfolgsgeschichte war. Zweimal war er verheiratet und hatte eine Tochter, mit deren Mutter er nicht verheiratet war. Der Alkohol spielte eine dominierende Rolle. Bukowski wohnte den Großteil seines Lebens in den Armenvierteln von East-Hollywood, nur in den letzten 16 Jahren war ihm ein hübsches Haus in San Pedro beschert. Was bleibt von Bukowski sind die kleinen, aber scharf beobachteten und großartig verdichteten Bilder, der Romancier John Updike nannte das in einer seiner Kurzgeschichten »Gemmen«. Ein Beispiel für den späten Scharfsinn des Meisters: In dem titelgebenden Gedicht »Roter Mercedes« erzählt Bukowski einen Zwischenfall, als ihm ein reicher Schnösel im roten Mercedes (ist Ihnen schon aufgefallen, dass die Bösewicht in Hollywood andauernd Mercedes fahren?) die Parklücke wegschnappt. So etwas lässt das Macho-Ego natürlich nicht zu: »Sofort schoss es mir/ durch den Kopf:/ Den Wichser zerr ich/ aus seinem Wagen und/mach ihn/ kalt!« Der Schnösel jedoch zeigt sich unbeeindruckt, als das lyrische Ich (klingt bei Bukowskis Wortwahl komisch) versucht, an ihn heranzukommen. Vielmehr lässt er sich von seiner Begleiterin eine Pistole reichen, die er in aller Ruhe entsichert. Daraufhin dreht sich der Sprecher um und widmet sich der Rennsportveranstaltung, für die er angereist war: »Die Rennen/ die an diesem Tag/ auf dem Programm standen/ sahen verdammt/ gut aus.« Soviel Selbstironie habe ich Bukowski gar nicht zugetraut – aber vielleicht habe ich früher auch einfach nicht gut genug gelesen oder mich vom Säufer-Image beeindrucken lassen.

Das Stadtgespräch - Magazin für Rheda - Wiedenbrück

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