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Das Stadtgespräch Ausgabe Januar 2017

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30 Das Stadtgespräch Apothekerin Hiltrud Thiel und Inhaber Dieter Grünewald: »immer ein freundliches Wort« Es kann doch nicht sein, dass die Vor-Ort-Apotheken die gesetzlichen Pflichtaufgaben erfüllen, während Online-Händler die Gewinne einstreichen. Zudem habe ich habe wenig Verständnis dafür, dass der Europäische Gerichtshof deutsches Recht einfach so für ungültig erklärt. Dieses dient schließlich in erster Linie dem Verbraucherschutz im Gesundheitsbereich«. Dass sich der Wettbewerb untereinander innerhalb der vergangenen Jahren schon verschärft hat, hat auch Descher beobachtet: »Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände spricht von nur noch etwa 20.000 inhabergeführten Apotheken in Deutschland, von denen ein Viertel bereits jetzt nicht mehr rentabel ist«. Die Auswirkungen dieser Negativentwicklung seien im Alltag auch schon für die Kunden spürbar. Das könnten Patienten vor allem an den teils sehr weitläufig verteilten Nacht- und Notdiensten feststellen. Die Wege zur Notdienstapotheke würden einfach länger, weil die Zahl der Apotheken immer weiter abnehme. Versorgung in der Stadt sehr gut Trotz der angespannten Situation sind sich die Kollegen Grünewald und Descher darin einig, dass die Versorgung der Bürger in Rheda- Wiedenbrück noch sehr gut ist. Doch in ländlich geprägteren Gegenden weiter außerhalb, sei das zum Teil schon nicht mehr Fall. Hier helfe beispielsweise der bewährte Lieferdienst für dringende Medikamente, den nahezu alle Apotheken in Rheda und Wiedenbrück ihren Kunden anbieten, um auch Patienten in den Ortsteilen optimal versorgen zu können. Die beiden Apotheker setzen der anonymen Online-Konkurrenz zudem ein weiteres bewährtes Rezept entgegen: Die kompetente Beratung und persönliche Betreuung der Patienten und Kunden. »Mein Team und ich kennen 80 Prozent unserer Kunden mit Namen und wir möchten auch, dass das so bleibt«, erklärt Dieter Grünewald, der die Markt-Apotheke 1982 von seinem Vater übernahm. Auf die treue Stammkundschaft schwören auch Johann-Jürgen Descher und seine Mitarbeiter: »Eine Apotheke erfüllt heute eben auch soziale Aufgaben und ist weit mehr als ein virtueller Raum im Internet«. Menschen vertrauten sich hier mit ihren Krankengeschichten an und sollten die Apotheke mit einem Gefühl der guten und ausführlichen Beratung verlassen, sind sich Grünewald und Descher einig. Urteil fördert ungleiche Bedingungen Mit dem umstrittenen Urteil des EuGH, soll der freie Warenverkehr in der Europäischen Union gefördert werden. Gleichzeitig gilt die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente für deutsche Versand- und Vor-Ort- Apotheken aber nach wie vor, das schreibt die deutsche Gesetzgebung vor. Gesetzlich festgelegt ist auch, dass Apotheken Rabatte der Pharmaunternehmen gar nicht annehmen dürfen und dementsprechend auch nicht an Kunden weitergeben können. Das bedeutet konkret, dass sie von dem neu eröffneten Preiswettbewerb, der ja dem freien Warenverkehr zu Gute kommen soll, ausgeschlossen sind. Mit Spannung blicken daher auch die Apotheker in Rheda-Wiedenbrück auf die angekündigten Interventionen des Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe, der nun in Erwägung zieht, den Online-Versandhandel mit eben jenen rezeptpflichtigen Arzneimitteln in Deutschland gänzlich zu verbieten. Eine drastische Maßnahme, die in Zeiten des etablierten Online-Versandhandels antiquiert erscheint. Dennoch wäre Deutschland damit in bester Gesellschaft, denn laut der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ist nur in sieben von insgesamt 28 EU-Mitgliedsstaaten der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten überhaupt erlaubt und das auch nur unter strengen Regeln. Hintergrund: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat entschieden, dass die deutsche Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente gegen EU-Recht verstößt. Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass die Preisbindung nicht mit dem freien Warenverkehr in Europa vereinbar sei. Die Regelung erschwere Anbietern aus anderen EU-Ländern den Zugang zum deutschen Markt. Geklagt hatte eine niederländische Versandapotheke. Es ging ursprünglich um eine Kooperation des Online- Händlers mit der Organisation Deutsche Parkinson Vereinigung, deren Mitglieder ein Bonussystem für ihre rezeptpflichtigen Medikamente in Anspruch nehmen konnten. Nach Ansicht der Deutschen Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs verstieß das jedoch gegen nationales Recht und verbot die Kooperation. Darüber entbrannte der Rechtsstreit dessen Grundsatzurteil nun für die deutschen Apotheker wenig erfreulich ist. Preisgestaltung bei rezeptpflichtigen Medikamenten Pharmaunternehmen in Deutschland legen bislang selbst fest, zu welchen Preisen sie Arzneimittel an Apotheken und Großhändler verkaufen. Die Apotheken erheben dann auf ihre Einkaufspreise gesetzlich festgeschriebene Aufpreise. Für rezeptpflichtige Medikamente beträgt der Zuschlag immer drei Prozent des Einkaufspreises. Zusätzlich berechnen die Apotheken eine ebenfalls festgelegte Pauschale von 8,10 Euro pro Packung. Hinzu kommt, dass in Deutschland Arzneimittel mit dem vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent besteuert werden, während beispielsweise in den Niederlanden nur sechs Prozent fällig sind. Dies schlägt sich deutlich nieder. In Deutschland sind deshalb die Preise für Medikamente EU-weit mit am höchsten.

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Das Stadtgespräch - Magazin für Rheda - Wiedenbrück

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